WERK, BAUEN + WOHNEN 6_2008 | KOLUMNE | PAUL DIVJAK
Wenn einem beim Spaziergang entlang eines glasklaren Baches in den Schweizer Alpen nicht seltene Wiesenblumen, sondern unvermittelt Golfbälle unterkommen, dann kann auch St. Moritz nicht mehr weit sein.
Ich nehme die Rolltreppe hinauf, direkt ins Zentrum der Gemeinde. Noch ein paar Schritte und das Portal des Palace Hotels gerät ins Blickfeld.
Verabredet zum Abendessen mit Freunden, bin ich mit meinen Gedanken ein paar Tausend Kilometer weit entfernt, in der Wüste, an einem möglichen Drehort, um genauer zu sein, und so öffne ich eine falsche Türe. – Mit einem Mal stehe ich im Wirtschaftstrakt des Hotels. Keine Vergoldungen, keine Verzierungen, keine schweren Vorhänge: ein karger Gang, schon länger nicht mehr ausgemalt, einfach beleuchtet; abgeschlagene Türen und rundum sichtbare Reduktion auf das Notwendigste. Fern sind die holzvertäfelten Decken, die hohen Säle, weitläufigen Räume und überbordenden Interieurs. Das koloniale Mobiliar, der historisierende Pomp, sämtliche Accessoires, die Exklusivität verheissen – jegliche Inszenierung des Mondänen: all das ist hier verschwunden. — mehr —